Karl Theodor Schuon

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Karl Theodor Schuon

Karl Theodor Schuon (* 1940 in Friedrichshafen) ist ein deutscher Politikwissenschaftler. Er war Professor für Politikwissenschaft an der Philipps-Universität Marburg und lebt heute in Hamburg.

Karl Theodor Schuon studierte Politikwissenschaft, Philosophie, Soziologie und Germanistik an den Universitäten Tübingen, Berlin (FU) und Marburg. Nach der Promotion (phil.Diss.) war er Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Politikwissenschaft der Philipps-Universität Marburg (Lehrstuhl Wolfgang Abendroth), anschließend Dozent (habil.a.L.), dann Professor für Politikwissenschaft an derselben Universität.[1]

Karl Theodor Schuon lehrte danach an den Universitäten Münster, Wuppertal und Graz, an der Freien Universität Berlin und zum Schluss an der Universität Hamburg auf den Fachgebieten Politische Philosophie, Politische Theorie und Politische Soziologie.

Er ist Mitbegründer und Mitherausgeber der sozialwissenschaftlichen Zeitschrift "perspektiven ds".

Er war verheiratet mit Anneliese Konstantina Schuon-Wiehl (geb. 1942 in Asch, gest. 1977 in Marburg), Studiendirektorin in Gießen.[2]

Wissenschaftliche Arbeit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Karl Theodor Schuon beschäftigte sich vor allem mit der Demokratietheorie und ihren wissenschaftstheoretischen sowie philosophischen Grundlagen. Nach anfänglicher kritischer Auseinandersetzung mit empirisch-analytischer und systemtheoretischer Demokratietheorie der Moderne (Wissenschaft, Politik und wissenschaftliche Politik 1972, Bürgerliche Gesellschaftstheorie der Gegenwart 1975)[3][4][5] entwickelte er unter Mitarbeit von Arno Waschkuhn, Ulrich Heyder, Michael Strübel u. a. eine normativ-kritische Demokratiekonzeption (Politische Theorie des Demokratischen Sozialismus 1986). Dabei ging es hauptsächlich um die Vermittlung des diskurstheoretischen Ansatzes von Jürgen Habermas mit den demokratietheoretischen Entwürfen von Karl Popper, Ernst Fraenkel und John Rawls. Als praktische Konsequenz ergab sich daraus, die repräsentative Demokratie in Deutschland plebiszitär, zivilgesellschaftlich und wirtschaftsdemokratisch zu erweitern.[6][7][8]

Dieses neuartige Demokratiekonzept wurde von Schuon später präzisiert und in die wissenschaftliche Debatte um eine "deliberative Demokratie"[9] eingeführt (Theorie deliberativer Demokratie 1997). Schuon legte Wert darauf, aus anthropologischen und soziologischen Gründen das Demokratiemodell in einer Balance zu halten. Repräsentative und plebiszitäre, institutionelle und zivilgesellschaftlich-deliberative Demokratieelemente wurden in seinem Entwurf derart miteinander verbunden, dass ein sinnvolles Gleichgewicht zwischen den beiden jeweiligen Polen gewahrt blieb.[10][11] Dem diente auch eine vertiefte wissenschaftstheoretische und normative Reflexion (u. a. Ethik und Politik 1991).

Weitere wissenschaftliche Schwerpunkte von Schuon waren deutsche Zeitgeschichte und deutsche Außenpolitik (u. a. Deutschland in globaler Verantwortung 1999). In der Frage einer "neuen deutschen Außenpolitik" nach 1990 plädierte er für eine starke Beteiligung des wiedervereinigten Deutschlands an der Wahrung der globalen Sicherheit – auch mit militärischen Mitteln.

Ausgewählte Schriften

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Vgl. Uli Schöler, Wolfgang Abendroth (1906–1985), in: Eckhard Jesse, Sebastian Liebold (Hrsg.), Deutsche Politikwissenschaftler - Werk und Wirkung. Nomos Baden-Baden 2014, ISBN 978-3-8452-4198-2, S. 85–98, hier: S. 93
  2. Anneliese Konstantina Schuon-Wiehl: Faschismus und Gesellschaftsstruktur. 5. Auflage. Köln und Frankfurt/M 1977, ISBN 978-3-434-20029-1.
  3. Vgl. Bernd P. Löwe, "Karl Theodor Schuon: Wissenschaft, Politik und Wissenschaftliche Politik", in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 22/1974, H. 1, S. 111–116
  4. Vgl. Michael Daxner, "Karl Theodor Schuon: Wissenschaft, Politik und Wissenschaftliche Politik", in: Das Argument, 16/1974, H. 7–9, S. 660–662
  5. Vgl. Frieder Meyer-Krahmer, Bürgerliche Gesellschaftstheorie, in: Politische Vierteljahresschrift, 19/1978, H. 1, S. 70–72.
  6. Vgl. Heinz Timmermann, Wider die Kolonisierung der Lebenswelt, in: Die Neue Gesellschaft / Frankfurter Hefte, 34/1987, Nr. 8, S. 764
  7. Heiner Flohr, "Karl Theodor Schuon: Politische Theorie des Demokratischen Sozialismus", in: Politische Vierteljahresschrift, 29/1988, H. 1, S. 146/147
  8. Stefan Musiolik, Neopluralistische Demokratietheorie und Plebiszit, in: perspektiven ds, 6/1989, H. 1, S. 51–56.
  9. Vgl. Oliver W. Lembcke, Claudia Ritzi, Gary S. Schaal (Hrsg.), Zeitgenössische Demokratietheorie, 2Bde., Wiesbaden 2012/2016, Bd. 1, S. 355ff und Bd. 2, S. 251ff.
  10. Vgl. Arno Waschkuhn, Profile reflexiver Demokratie, in: Soziologische Revue, 21/1998, H. 4, S. 439–446, hier: S. 442
  11. Gerhard Kümmel, Die Demokratie überdenken, in: Das Historisch-Politische Buch, 46/1998, H. 6, S. 939. Mit diesem Konzept grenzte sich Schuon von Habermas ab, der seinen eigenen Demokratieentwurf als "Lesart radikaler Demokratie" bezeichnete: Jürgen Habermas, Faktizität und Geltung, Frankfurt/M. 1992, S. 451.
  12. Ralf Heming: Öffentlichkeit, Diskurs und Gesellschaft. Springer, Wiesbaden 1997, ISBN 978-3-8244-4248-5, S. 296.
  13. Portal für Politikwissenschaft. Abgerufen am 13. März 2020.
  14. Matthias Stahl und Gisbert Binder: Internationale Beziehungen/ Friedens- und Konfliktforschung. Hrsg.: Informationszentrum Sozialwissenschaften der Arbeitsgemeinschaft Sozialwissenschaftlicher Institute e.V. Bonn.